Beschreibung
Levi – Darf ich bleiben, wenn ich gehe?
Schon als Kind hatte Ryan es nicht leicht – erst musste er den Tod seiner Mutter verarbeiten, kurz darauf zog er mit seinem Vater von Miami nach Deutschland. Nun sorgt eine Sportverletzung dafür, dass er mit fünfzehn Jahren seinen Traum vom Profisport aufgeben muss. Sein Leben scheint ihm sinnlos. Bis er im Krankenhaus Levi begegnet, einem Elfjährigen, der ihn mit seiner sympathischen und ehrlichen Art wieder zu Mut und Selbstvertrauen führt. Doch auch Levis Welt scheint zerbrechlicher, als dieser zugeben will. Eine Geschichte über eine besondere Freundschaft, die zwei Leben verändert.
Wir bei Matabooks verwenden ausschließlich Rohstoffe aus Bioanbau und unsere Produkte sind “Made in Germany”. Das Gras für unser Papier kommt aus der Schwäbischen Alb und wird von Heubauern geerntet, sonnengetrocknet und schließlich zu Graspapier weiterverarbeitet. Matabooks sorgt für faire und soziale Arbeitsbedingungen in allen Unternehmensbereichen, zudem unterstützen wir Projekte mit ähnlichen Schwerpunkten. Dafür spenden wir einen Teil des Erlöses von jedem verkauften Buch an gemeinnützige Organisationen. Außerdem ermöglichen wir besonders kreativen jungen Menschen, ihre Werke und Arbeiten bei Matabooks zu veröffentlichen. All unsere Produkte haben recycelte Bestandteile und sind selbst recyclebar! Mit unseren Produkten unterstützen wir so das natürliche Geben und Nehmen im Lebenskreislauf. Der Name Matabooks leitet sich von dem Wort “Mutter” in der indischen Ursprache Sanskrit ab. Für uns ist es der Ausdruck von Respekt gegenüber “Mutter Natur”.
Leseprobe
Dieser eine Moment. Dieser eine Moment, in dem sich
das Leben ruckartig in eine völlig andere Richtung
dreht. Der Moment, der die persönliche Zeitrechnung
verändert. Zum davor und seitdem. Nicht jeder Mensch
erlebt ihn und ich beneide jeden, dem er erspart bleibt.
Denn er hat mir etwas Wichtiges genommen: meinen
Traum.
Vor der Tür höre ich das hastige Treiben der
Krankenschwestern, Besucher und Ärzte. Immer wieder
erklingen Durchsagen.
„Dr. Goldmann, bitte auf Station vier. Dr. Goldmann,
bitte!“
Aber sie sind mir egal. So wie mir an diesem Vormittag
einfach alles egal ist. Meine Augenlider sind schwer,
es fehlt an Kraft. Aber ich bin zu geknickt, um wirklich
zu schlafen. Nein, nicht nur geknickt … am Boden
zerstört. Ich habe das Gefühl, innerlich tot zu sein. Es
fehlt mir tatsächlich die Lust am Leben. Wozu?, frage
ich mich. Wozu soll ich Lust am Leben haben?
Meine Träume … Am Vorabend sind sie ohne
Vorzeichen zerplatzt und nun liege ich in diesem
Krankenzimmer. Ich sehe mich um: Die kahlen, weißen
Wände erdrücken mich und selbst der Fernseher an
der anderen Seite meines Bettes hilft mir nicht, mich
besser zu fühlen.
Das zweite Bett in diesem Raum ist unbenutzt. Welch
ein Glück für mich, denn niemals hätte ich die Schande
ertragen, wenn jemand gesehen hätte, wie ich in der
Nacht geheult und gejammert habe. Wie hart und
schlaflos sie gewesen ist.
Auch jetzt strömen Ärzte und Schwestern hinein.
Sie gehen mir so auf die Nerven. Es dauert eine
scheinbare Ewigkeit, bis ich meine Ruhe habe. Und
dann, gegen 11 Uhr morgens, zeichnet sich ab, dass
ich sie wohl nicht nochmal bekommen soll.
Die Tür zu meinem Zimmer öffnet sich und zwei
Schwestern kommen hineingeeilt. Die Ältere zieht
schwungvoll die Vorhänge auf und die Märzsonne
knallt mir förmlich ins Gesicht. Ich kneife genervt die
Augen zusammen und verziehe den Mund, als die
Schwester anfängt, das freie Bett herzurichten.
Die Jüngere deutet auf das Tablett auf dem kleinen
Beistelltisch rechts von mir.
„Du hast nicht gefrühstückt?“
„No“, sage ich kaum hörbar und schüttele nur den
Kopf, sehe sie dabei kaum an. Mein Blick gilt meinem
geschienten Bein, das in einem Stativ hoch liegt. Es
tut so weh. Immer noch, auch wenn es bewegungslos
ist. Zwar lässt der Schmerz von Stunde zu Stunde
nach, diese unglaubliche Spannung vergeht aber nicht
endgültig.
„Du bekommst gleich einen Mitbewohner, Ryan.“
Genervt stöhne ich und schließe einen Augenblick die
Augen. Das ist mir gar nicht recht.
Hoffentlich ist es jemand, der ruhig und nicht
nervtötend ist. Solange nicht irgendein alter Sack oder
so in einem Zimmer mit mir liegt. Aber ein anderer
Jugendlicher, ob das nun besser ist?, geht es mir noch
durch den Kopf, als sich gerade die Tür öffnet und ein
Junge in Begleitung einer dritten Schwester langsam
eintritt.
Überrascht analysiere ich ihn. Er ist jünger und
anderthalb Köpfe kleiner als ich. Vielleicht zehn, elf
Jahre alt. Zumindest ist es kein alter Mann. Er sieht
mich kurz an, aber ich wende den Blick sofort ab. Als
ich dann vorsichtig wieder zu ihm spicke, bemerke ich,
wie er den Raum mit großen Augen erkundet.
„Hier hast du schon einmal einen Kittel, Levi. Du kannst
dich in der Toilettenzelle fertigmachen. Wenn du dich
umgezogen hast, ruhst du dich erst einmal ein wenig
aus.“
„In Ordnung“, sagt der Junge kleinlaut und blickt
vorsichtig in meine Richtung.
„Das ist Ryan … ähm …“ Sie sieht auf die Akte, die
unterhalb meines Bettes in einem Halter liegt. „Ryan
Wilson. Er ist dein Zimmernachbar in den nächsten
Tagen.“
Ich schlucke.
„Ryan, das hier ist Levi Michels.“
„Hallo“, sagt Levi höflich.
Ich nicke. „Hi“, murmele ich mit rauer Stimme und
wende mich wieder zur Seite.
„Passt ein bisschen aufeinander auf, ja?“, sagt die
Schwester lachend.
Und wofür wirst du dann bezahlt?, frage ich mich
innerlich, ehe die Pflegerinnen aus dem Raum
verschwinden und der kleine Levi sich im winzigen
Bad verbarrikadiert. Als er wieder herauskommt und
auf seinem Bett Platz nimmt, beginnt eine Zeit, die so
merkwürdig ist … Von der ich mir aber nicht ausmalen
kann, was aus ihr entstehen wird.
Kapitel IV – Hi Ryan
Schule. Endlich wieder Schule, endlich wieder Alltag.
Länger hätte ich es Zuhause nicht mehr ausgehalten.
Zum Ende meiner Gefangenschaft wurde es zwar
etwas kurzweiliger, weil der Kontakt mit Levi nicht nur
merkwürdig, sondern ehrlich gesagt auch erfrischend
ist. Wir schreiben ständig miteinander und es ist
irgendwie anders. Anders als mit den Jungs aus meiner
Klasse oder meinen Kumpels.
Aber das muss ich heute vergessen. Wir sind alle mitten
im Erwachsenwerden. Für mich steht ohnehin fest, dass
ich auf keinen Fall irgendwelche Gefühle nach außen
dringen lassen darf. Männer können doch nicht weinen!
Was im Krankenhaus passiert ist, als ich allein die Nacht
dort verbracht habe, soll nie jemand erfahren. Ich rede
mir ein, dass es auch normalerweise nicht zu mir gehört,
Schwäche zu zeigen. Warum soll ich also das Bedürfnis
haben, irgendwem zu zeigen, wie ich mich fühle?
Als der Bus am Gymnasium hält, bin ich nervös. Durch
die Schiene an meinem Bein und die Tatsache, dass ich
nicht richtig laufen kann, wirke ich sicher angreifbar und
verletzlich. Es ist nicht leicht, die Stufe von der Flügeltür
auf den Bürgersteig zu nehmen. Letztendlich finde ich
aber Halt. Die Sonne fällt auf mich herab und ich ahne
sofort, dass das über den Tag unangenehm werden
wird. Eine lange Jeans, darüber die dicke, gepolsterte
Schiene. Ich rechne mit Hitzewallungen.
Es dauert nicht lange, bis ich meine Kumpels sichte.
Jannis und Lukas sitzen auf einer der grauen Mauern
am Schulhofrand, Olli steht dabei, genauso wie zwei
Mädchen aus unserer Klasse. Ich komme auf sie zu.
„Ah, Ryan!“, grüßt Jannis mich. „Zahnarzttermin
überlebt?“
Ich nicke und klatsche nach und nach bei allen ab. Die
beiden Mädchen umarmen mich knapp.
„Endlich bist du wieder da“, sagt Olli und schmeißt
seine ausgebrannten Zigarettenreste über den Zaun, der
das Gelände abgrenzt.
„Jetzt wo du nicht mehr Fußball spielen kannst …“ Er
hält mir seine Schachtel mit den Kippen hin, um mir eine
anzubieten.
Ich schüttle den Kopf und sehe ihn skeptisch an.
„Rauchen werde ich trotzdem nicht, Bro.“
Er zieht die Augenbrauen hoch und zündet sich die
nächste an.
„Oh, Olli … Jetzt wirst du gefickt“, lacht Jannis und
deutet auf unsere Lehrerin, die im Rücken des Straftäters
wie eine Furie auf uns zukommt.
„Oliver Conrad! Das Rauchen ist auf dem gesamten
Schulgelände verboten!“, schreit sie, während ich mich
ihr zudrehe und mit großen Augen das Schauspiel
observiere.
„Chillen sie mal, Frau Siegwald!“
„Ich chille schon, mein Freund.“ Sie hält ihre Hand
auf, woraufhin Olli mit einem genervten Stöhnen die
Schachtel abgibt und die gerade erst angezündete
Zigarette wegwirft und austritt.
„Die Pause im Lehrerzimmer ist gerettet, was?“, scherzt
Jannis, woraufhin wir alle lachen. Nur Olli findet das
nicht witzig. Er trauert noch immer seinem Nikotin
hinterher.
„Du hast mich mal wieder durchschaut, Jannis. Denk
aber dran, in der Mittagspause das Sixpack vor der Tür
abzustellen“, scherzt sie.
Wieder kichern wir alle.
Frau Siegwald dreht sich mir zu. „Endlich wieder fit,
Ryan?“ Sie blickt auf mein Knie. „Naja, fast. Freut mich,
dass du wieder hier bist.“
Ich nicke höflich, aber mit einem gekünstelten Lächeln.
Bevor sie ihren Aufsichtsweg über die Asphaltfläche
fortsetzt, hebt sie noch einmal tadelnd den Finger.
„Lange komme ich nicht mehr drumherum, deine Eltern
zu informieren, Oliver.“
„Ja, ist gut“, patzt er und rollt mit den Augen, als er sich
wieder uns zu dreht.
„Die nervt so hart“, murmelt er.
„Sei doch einfach froh, dass sie dir nur die Packung
abgenommen hat“, schlage ich vor.
„Ach, Ryan …“
„Was, Mann?“
„Du bist nie auf unserer Seite!“, meckert Olli.
„Fuck, Bro … Laber doch nicht so einen Unsinn.“
„Fuck, Bro“, äfft er mich mit verstellter Stimme nach.
„Laber doch nicht so einen Unsinn. Ich mache ständig
einen auf geil, aber bin mega die Pussy.“
„Shut up, Olli!“, fauche ich zurück und schüttle den
Kopf.
„Jungs, chillt“, beschwichtigt Jannis und springt von der
Mauer. „Ryan hat doch Recht, Olli. Frau Siegwald ist
in Ordnung. Und eine Pussy ist er auch nicht. Denk nur
dran, wie er Michael immer verarscht. Da lachst du dich
auch drüber kaputt.“
Olli grinst und hält mir seine Faust hin, gegen die ich
meine stoße. „Stimmt, das ist immer geil, wenn du mit
dem Fettsack redest.“
Ich schlucke und starre einen Augenblick vor mir in die
Leere. Plötzlich ist mir schlecht. Wie kann das sein?
Warum schäme ich mich schlagartig so, wenn ich daran
denke, wie ich immer mit Michael gesprochen habe?
Eine Erinnerung kommt hoch, was ich kurz vor
meiner Verletzung einmal beim Fußballspielen in der
Sportstunde gesagt habe. Bis auf die paar Kicker aus
unserer Klasse war die Gruppe fußballerisch nämlich
alles andere als ansehnlich.
„Kann es sein, dass der prozentuale Anteil der Spastis
hier weit über dem Normalwert liegt?“, sagte ich
und scherte damit alle über einen Kamm. Die meisten
schmunzelten aber noch darüber. „Well, das kommt
aber auch daher, dass Michael physisch betrachtet
ohnehin alle Werte sprengt.“ Ich sagte das zwar nicht
laut, hören konnte es trotzdem jeder.
Sie lachten. Und ich sah, wie es ihn schmerzte. Er
presste seine Kiefer zusammen, schluckte schwer und
atmete laut ein und aus. Es war mir egal, weil ich ihn
mir gar nicht so genau ansah.
Erst jetzt, vier Wochen später, scheint dieses Bild vor
meinen Augen klar. Jetzt ekele ich mich vor mir selbst.
Mir geht es dadurch nicht besser. Im Gegenteil: Ich
bereue es auf einmal. Mir wird klar, warum ich solche
Scham empfinde. Ich schäme mich vor Levi, auch
wenn er es gar nicht weiß. Dieser Elfjährige steht aber
genau für das Gegenteil von dem, was ich bin: Er war
hilfsbereit, liebenswert und fürsorglich. Ich enttäusche
mich.
„Kommst du, Ryan?“, fragt Jannis und stößt mir gegen
die Schulter, als ich auf den Gong der Schule nicht
reagiere.
Ich nicke.
„Yes …“
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